Wir wohnen in einer
Durchzugstraße. Der Durchzug hält sich in Grenzen. Alle zehn Minuten fährt ein
Auto vorbei oder ein Motorradfahrer, manchmal auch ein Traktor. Das Highlight
ist der Müllwagen alle paar Wochen. Das ist es auch schon. Die meisten
motorisierten Mitmenschen halten sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung von 30
km/h, viele fahren sogar Schritttempo, weil sie wissen,
dass hier Kinder wohnen.
Es sind sechs Kinder zwischen einem und sechs Jahren. Die
Kinder bringen Leben in diese sonst so ruhige Straße. Sie sind ebenfalls mit
fahrbarem Untersatz ausgestattet. Mit Bobby Cars, Dreirädern, Rollern,
Laufrädern und Fahrrädern sind sie unterwegs. Sie lachen, sie lärmen auch einmal, halten
sich dabei aber immer an die Geschwindigkeitsbeschränkung und winken, dicht an
den Straßenrand gedrückt, den vorbeifahrenden Autofahrern zu.
Die Straße ist
kerzengerade und absolut übersichtlich. Man wähnt sich in Sicherheit.
Nur ein bisschen
Herzklopfen habe ich, wenn ich mit meinen Kindern an den beiden Gärten vorbeikomme, aus denen man
durch die Hecke das Knurren der Hunde vernehmen kann. Und wenn ein kürbiskopfgroßer Hundekopf
aus dem durchgebissenen Maschendrahtzaun hervorlugt, rutscht mir das Herz
auch schon mal in die Hose. Aber nur fast. Denn der Hund will vermutlich eh nur
spielen.
Zugebissen hat er
erst ein Mal. Das ist ja gar nicht oft. Das Opfer war ein Malteser.
Laut Aussage der Besitzer beißt er nur Hunde, keine Menschen. So ein Glück! Deshalb
hat er auch den gehbehinderten Nachbarn nicht gebissen, auf den er sich
gestürzt hat, als die Gartentür offen stand. Einfach so. Vielleicht verhinderte aber auch die Verteidigung mit der Krücke und
das Dazwischengehen des Hundebesitzers ein gröberes Malheur.
Viel eher anzunehmen
ist aber, dass er nur spielen wollte. Er beißt ja schließlich keine Menschen, nur
Hunde. Und der Nachbar ist ja schließlich kein Hund.
Der Hundehalter sitzt
alle paar Wochen mit dem Schweißgerät vor seinem Gartenzaun und macht ihn dicht.
Dass er die Gartentür von Zeit zu Zeit offen stehen lässt, ist halt so. Er
entschuldigt sich hinterher eh immer.
Im anderen Garten
wohnen zwei Hunde. Der eine ist ein Rottweiler, die Rasse des anderen Hundes
kenne ich nicht. Ich weiß nur, dass er groß ist und nicht besonders freundlich guckt. Er liebt es, mich hinter dem Zaun stehend mit lautem Knurren zu erschrecken. Vielleicht möchte er
mit mir aber nur spielen und kann sich nicht anders mitteilen. Oder mit meinen
Kindern. Was weiß man?
Mit dem kleinen Dackel,
den er durch den Zaun hindurch gebissen hat, wollte er eventuell auch nur
spielen. Es muss so sein.
Ausgekommen sind die beiden
Hunde erst drei Mal. Das erste Mal durch ein Loch in der Erde unter dem Zaun.
Das zweite Mal durch ein Loch im Zaun. Das dritte Mal war heute. Sie suchten diesmal
den bequemeren Weg und spazierten durch die offene Gartentür. Ist ja auch sehr
praktisch. Das kann man ihnen ja gar nicht übel nehmen. Und es ist ja auch so
verdammt schwer, das Gartentürl zuzumachen.
Verletzt haben sie
niemanden. War ja auch keiner da. Sind ja auch alle ganz schnell in ihre Häuser
verschwunden. So kam aber auch keiner zum Spielerlebnis. Man muss ja immerhin
bedenken, dass sie vielleicht einfach nur spielen wollten. Und dann war da
keiner. Sie hätten halt nicht so knurren sollen. Diese Dummerchen.
Unser Haus steht in
der Straße ziemlich günstig. Quasi genau in der Mitte. Es ist jeweils nur ein
weiteres Haus dazwischen und wir können jeden Tag aufs Neue überlegen, in
welche Richtung wir mit den Laufrädern fahren. Die Laufräder finden die
Hunde ziemlich cool. Sie knurren dann immer so schön.
Es ist immer sehr
spannend, herauszufinden, ob die diversen Gartentüren gerade geschlossen oder
offen sind, ob Löcher in den Zäunen sind oder eh alles schön geflickt ist.
Unser tägliches Abenteuer. Event-Spazierengehen sozusagen. Und alles gratis.
Es haben auch schon
Vertreter unserer Wohnortgemeinde, eine Tierärztin und Polizisten nachgeguckt.
Da war aber immer alles zu und friedlich. Kein Event. Sie waren umsonst da. Schade
für sie.
Übrigens gibt es
Tage, an denen ich keine Lust auf Event-Spazierengehen habe. Ich bin ein
bisschen bequem. Ich überlege dann, wie ich mit den Kindern an den Hundegärten
vorbeikomme ohne eine Einladung zum Spielen zu bekommen. Meine Kinder wollen
nämlich gar nicht immer spielen. Mit den Hunden. Sonst schon.
Ich habe drei Möglichkeiten gefunden:
1. Wir nehmen gar
nicht die Straße, sondern machen uns durch den Maisacker hinter dem Haus davon. Dabei könnte
man vielleicht sogar einen Maiskolben ernten und die Kinder bekommen eine Ahnung von cross biking.
2. Wir fahren mit dem
Auto an den Hunden vorbei und suchen einen Parkplatz zum Laufrad fahren. Das Auto steht sonst
eh nur blöd in der Garage herum und verliert ungenutzt an Wert.
3. Oder man könnte
die Kinder samt fahrbarem Untersatz im eigenen Garten einsperren und alleine spazieren
gehen. Die Kinder sind somit in Sicherheit. Ich muss nur aufpassen, dass ich das Gartentürl nicht offen lasse. Aber das kann ja nicht so schwierig sein.
Anmerkung: Mit den Hundebesitzern gab es bereits viele
Gespräche und sie verstehen grundsätzlich das Problem, das wir mit der Situation haben. Der Satz "Er will bestimmt nur spielen" kam nicht von ihnen. Ich habe ihn aber schon so oft, leider zu oft, von anderen Hundehaltern gehört, dass ich ihn gerne für meine Erzählung verwenden wollte.
Wir haben auch schon Gemeindevertreter und Polizei (ohne Anzeige) eingeschaltet. Das möchte ich nur festhalten, weil ich hoffe, dass ihr tolle Ratschläge für uns habt.
Wir haben auch schon Gemeindevertreter und Polizei (ohne Anzeige) eingeschaltet. Das möchte ich nur festhalten, weil ich hoffe, dass ihr tolle Ratschläge für uns habt.
1. Die Kinder mal mit dem Luftgewehr spielen lassen. Wie gesagt: Nur spielen.
AntwortenLöschen2. Die Löcher im Zaun mit Maiskolben vom Feld hinterm Haus stopfen
3. Einen Braunbären als Bodygard anschaffen. Soll manche Hunde ja in ihrem Spieltrieb einschüchtern...
(Über)Lebt wohl...