Es scheint der Welt bekannt zu sein, dass ich
eine unglaublich gute Mutter bin. Eventuell sogar die beste. Im Kreise ein paar
anderer. Sogar Lucie Marshall, Autorin des Bestsellers „Auf High Heels in den Kreißsaal“ hat davon Wind gekriegt und mich via Twitter eingeladen, an
ihrer Blogparade „Momsrock – Sie machen das wirklich gut“ teilzunehmen. Eine
Blogparade in der Supermamas endlich mal von ihren Superfähigkeiten erzählen dürfen
ist natürlich ein Must für mich ;-)
Wer mag? Blogparade #momsrock http://t.co/NxvNdCQkn2 @hauptstadtmutti @StadtLandMama @Muttergefuehle @bleibCOOLmami @dasnuf @VGEBlog
— Lucie Marshall (@MarshallLucie) 27. Oktober 2014
Da jedoch sämtliche von mir beherrschten Mama-Superfähigkeiten
den Rahmen hier sprengen würden, habe ich nur einige herausgesucht und diese in
eine schöne Geschichte mit dem Titel „Such a perfect day“ verpackt.
Such a perfect day
Ich bin Strohwitwe. Mein Mann befindet sich
auf Urlaub von der Familie Dienstreise in einem malerischen Ort mit
malerischem Namen, malerischem Fluss und malerischen Gebäuden und überlässt
mich meinem Schicksal mit unseren beiden dreijährigen Jungs.
Um nach einem etwaigen nächtlichen Verlangen
nach mir (ich spreche von den kleinen Quälgeisterchen) schnell wieder
einschlafen zu können, richte ich mein Nachtlager im Kinderzimmer auf der Familienmatratze
zwischen den Kinderbetten am Boden ein. Die Schnarchgeräusche meines vom
Schnupfen geplagten Sohnes lassen mich vergessen, dass mein Mann weit weg ist. Ich
schlafe ein in der gewohnten nächtlichen Geräuschkulisse. Irgendwann im
Morgengrauen wache ich wieder auf.
Die Söhne kriechen schlaftrunken aus ihren
Betten und sind im Halbschlaf auf der Suche nach Kuscheleinheiten. Hart prallt
der Kopf von Sohn 01 auf meinen Bauch und drückt gegen meine Blase. Sohn 02 knallt
seinen Betonschädel gegen meine Brust. Es ist erst 4:53 Uhr, viel zu früh zum
Aufstehen. Ich verziehe mein Gesicht zu einer Grimasse (das ist nicht weiter
schlimm, da es finster ist und mich niemand sehen kann) und halte den Schmerz und
den Druck aus, um die Jungs nicht vollständig aufzuwecken. Das mache ich wirklich gut.
In dieser Lage und weitern fünf für mich sehr
unbequemen Lagen verharren wir noch eine Stunde. Letztendlich stehen wir doch
auf. Sohn 02 macht Kaffee in unserer alten Filterkaffeemaschine. Sehr
gewissenhaft und äußerst langsam gibt er Löffel für Löffel Kaffeepulver in den
Filterbehälter. Nach einer gefühlten Stunde ist die lasche Brühe fertig. Ich
lasse mir nicht anmerken, dass der Kaffee wie Tee schmeckt und ich ihn am
liebsten ausspucken würde. Schließlich steckt er täglich sein Herzblut in die
Kaffeezubereitung. Ich gönne meinem Sohn sein Erfolgserlebnis. Das mache ich wirklich gut.
Nach dem gemeinsamen Frühstück, dem
gemeinsamen Zusammenstellen der Krippenjause, dem gemeinsamen Zwischenstopp im
Badezimmer und dem gemeinsamen Ankleiden berechne ich die Stunden, die mir an
diesem Vormittag für Nicht-Gemeinsamkeit zur Verfügung stehen. Es sind sehr
wenige an der Zahl, denn es ist bereits acht Uhr. Sohn 01 kann aufgrund seines
geringen Alters und seiner geringen Lebenserfahrung mit meinen Überlegungen
nichts anfangen und bittet mich vor der Abfahrt in die Krippe noch ein Buch zu
lesen. Gemeinsam. Weil das außer der Gemeinsamkeit noch die Sprachentwicklung fördert
und was weiß ich noch alles, lese ich vor. Das
mache ich wirklich gut.
Schließlich machen wir uns auf den Weg.
Während ich Sohn 02 hilfreiche Ratschläge für das Anziehen seiner Schuhe gebe,
höre ich ein verdächtig plätscherndes Geräusch. Ich blicke in die Richtung, aus
der das Geräusch kam und sehe in ein verdächtig schuldbewusst blickendes
Gesicht. Es ist das Gesicht von Sohn 01. Unterhalb seines schuldbewussten
Gesichtes befindet sich sein Shirt. Auf seinem Shirt befindet sich ein großer
Kakaofleck. Ein ebenso großer nasser brauner Fleck klebt am Boden. Das Corpus Delicti
In Form einer Kindertasse wird umklammert von der rechten Hand meines Sohnes.
Sogar im Alter von drei weiß er schon, dass das Leugnen zwecklos wäre und blickt
sehr schuldbewusst drein. Ich unterdrücke aufkeimende Hitzewallungen und
bösartige verbale Unterstellungen und beseitige gemeinsam mit dem Sohn die
Bescherung, das schmutzige Shirt und das nun leere Corpus Delicti. Das mache ich wirklich gut.
Es ist kaum zu glauben, aber wir befinden uns
im Auto auf der Fahrt in die Kinderkrippe. Die Fahrt dauert exakt vier Minuten.
Das ist exakt die Zeit, in der ich meinen derzeitigen Lieblingssong hören kann.
Könnte. Wenn ich laut aufdrehen würde, um die Fragen meiner Söhne zu übertönen.
Da aber kindliche Neugier laut Bildungsexperten nicht im Keim erstickt werden
darf, beantworte ich sämtliche 24 Fragen (Warum fahrt da ein Auto? Warum ist
das Auto rot? Warum bleib du stehen? Warum fahren wir? Warum schaut du? Warum
schaut du so? Warum ist da ein Hund? Warum schaut der so? etc.), die mir
während der 4-minütigen Autofahrt gestellt werden und versuche dabei nicht zu
lügen und mir keine Unwahrheiten auszudenken. Das mache ich wirklich gut.
Kurz nach zwölf hole ich die Kinder von der
Krippe ab. Kurz vor eins sind wir zuhause. Diese lange Zeitspanne kommt durch
meine grenzenlose Geduld zustande. Ich passe mich dem Tempo der Kinder an und
entdecke gemeinsam mit ihnen die Welt. In der Garderobe betrachten wir die
Vielfalt der Schuhe und Jacken und diskutieren darüber (ein unerschöpfliches Thema). Wir blicken aus den Fenstern (aus jedem
einzelnen) und beobachten Passanten. Auf dem Weg zum Auto finden wir wunderbare
Würmer (Regenwürmer), wunderbare Steine (Kieselsteine) und wunderbare Blumen
(Gänseblümchen). Unser Glück ist nicht mehr zu übertreffen, als ein Müllauto,
ein Lastwagen und ein Traktor vorbeifahren. Und ich erkläre meinen Jungs die
Welt. Das mache ich wirklich gut.
Nachmittag. Weil Kinder Kinder brauchen und
dazu Bewegung und frische Luft, gehen wir zum Spielplatz. Dort sind tatsächlich
Kinder, viele Kinder. Und Luft. Viel frische Luft, die uns in Form von kaltem
Wind um die Ohren weht. Damit den Kindern und mir warm wird, motiviere ich sie
und mich, Bewegung zu machen und mache mich vor Ein- bis Zehnjährigen zum
Affen. Unfreiwillig. Mir ist nun warm und ich überlasse die Bewegung den
Kindern. Damit ich mich nicht mehr lächerlich machen kann oder meine Kinder noch
mehr brüskiere, steige ich aus dem Eltern-Helicopter und halte mich nun völlig
im Hintergrund. Ich überlasse meine Kinder ihrem Schicksal, den Klettergerüsten
und den Annäherungsversuchen der anderen Kinder. Das mache ich wirklich gut.
Auf dem Heimweg gehen wir noch in den
Supermarkt. Die Söhne lieben den Supermarkt. Leider sind sie noch nicht
geschäftsfähig und müssen meinen Anweisungen folgen. Wir kaufen nur langweilige
Dinge wie Butter, Milch, Brot, Gurken, Nudeln, Mehl, Eier und Äpfel. Kein
Hundefutter (Wir haben keinen Hund), kein Raumduftspray (Wir lüften regelmäßig)
und keinen Mülleimer (Wir haben schon ein paar). Sohn 02 möchte aber unbedingt
Hundefutter, Raumduftsprays und Mülleimer kaufen. Ein Wutanfall zeichnet sich
ab. Bei ihm. Hitzewallungen zeichnen sich ab. Bei mir. Neugierige (Was wird sie
machen?) und mitleidige (Die Arme!) Blicke zeichnen sich ab. Bei den Kunden. Ich
bleibe konsequent und stelle Hundefutter, Raumduftspray und Mülleimer zurück in
die Regale und beauftrage das Kind ein großes schweres Gurkenglas aus dem oberen
Regal zu holen und in den Einkaufswagen zu stellen. Klassisches Ablenkmanöver. Mit
stolz geschwellter Brust erfüllt das „Ich bin schon so groß“ Kind seinen
Auftrag und ich wische mir den Schweiß von der Stirn als das Glas in
unzerstörtem Zustand im Einkaufswagen landet. Das mache ich wirklich gut.
Wir essen zu Abend. Weil Sohn 01 „kein Baby
mehr“ ist, braucht er zum Essen anstatt eines Lätzchens ein Messer. Die
Erklärung leuchtet mir ein. Ich gebe ihm ein Messer, um sein Selbstvertrauen,
seine Geschicklichkeit und was weiß ich noch alles zu fördern. Während er
konzentriert schneidet und stolz sein Ergebnis betrachtet (dass er dabei aufs
Essen vergisst, ist eine andere Geschichte) kontrolliere ich den Pflastervorrat
im Badezimmerschrank. Das mache ich
wirklich gut.
Abend. Wir drei befinden uns auf der Matratze
im Kinderzimmer. Zwei kleine Persönchen kuscheln sich an mich. Ich liege in
derselben Position wie am Morgen da. Ich unterdrücke das Verlangen aufs Klo zu gehen
oder einen Schrei loszulassen, anstatt dessen gewähre ich den Söhnen ihre
Kuscheleinheiten und denke über mich nach. Ich komme zu dem Schluss: Das mache ich wirklich gut. Such a perfect
day. Such a perfect mother.
Dein Schreibstil ist einfach der KNALLER! Sowas von unterhaltsam! Ich habe herzlich gelacht...
AntwortenLöschenDas machst du aber wirklich alles gut! Ich hoffe, wenn mein Runzelfüßchen ins Fragealter kommt werde ich mich an diesen Text erinnern! Nicht, dass ich mir Unwahrheiten ausdenke!
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Andrea
So toll geschrieben!!! Wow. Danke für die Aufheiterung am Morgen!
AntwortenLöschenHut ab, was Du alles leistest. Was wir Mütter so machen, kriegt so mancher Manager nicht unter einen Hut!
AntwortenLöschenDanke für den witzigen Beitrag!
Hammer :) Wirklich genial geschrieben, habe mich köstlich amüsiert in meiner Mittagspause :) Vielen Dank und viele Grüße aus Schwerin
AntwortenLöschenToller Text, Supermom!
AntwortenLöschenDas hast Du wirklich gut gemacht! :)
Da kann man nur noch eins sagen: Weiter so, perfect mother!
AntwortenLöschenSehr toller Artikel!
LG,
Anna Philippa
Bloggen. Das machst du richtig gut! :)
AntwortenLöschenNa toll, was soll ich denn jetzt noch schreiben? :-))
AntwortenLöschenNein, Scherz beiseite: ganz toller Text - hat mich wie immer sehr zum Lachen gebracht - Du kannst das einfach - das Schreiben :-)
Liebe Grüße, Anna
Herrlich! Beneide dich im deine Blase aus Stahl;))
AntwortenLöschengerne gelesen.
AntwortenLöschenIch freue mich sehr über eure tollen Kommentare!
AntwortenLöschenDas macht ihr wirklich gut ;-)
Wirklich gut geschrieben. Da geht man gleich mit einem Lächeln durch die kleinen Alltagsquerelen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Mayalia