Zwei Wochen nach der Geburt |
Natürliche Geburt. Bonding. Stillen.
Glückwünsche am Wochenbett.
All das kenne ich nicht, denn ich habe meine Kinder als Frühchen auf die Welt gebracht.
Sieben Wochen und drei Tage vor Termin entband ein Ärzteteam meine beiden Jungs per Sectio. Trotz der Frühgeburt habe ich eine positive Erinnerung an diese Bauchgeburt, trotz des wochenlangen Aufenthaltes auf der Intensivstation und der damit verbundenen Tränen erinnere ich mich ohne Wehmut an die erste Zeit mit meinen Kindern zurück. Wahrscheinlich, weil letztendlich alles gut wurde.
All das kenne ich nicht, denn ich habe meine Kinder als Frühchen auf die Welt gebracht.
Sieben Wochen und drei Tage vor Termin entband ein Ärzteteam meine beiden Jungs per Sectio. Trotz der Frühgeburt habe ich eine positive Erinnerung an diese Bauchgeburt, trotz des wochenlangen Aufenthaltes auf der Intensivstation und der damit verbundenen Tränen erinnere ich mich ohne Wehmut an die erste Zeit mit meinen Kindern zurück. Wahrscheinlich, weil letztendlich alles gut wurde.
In meiner sechsteiligen Frühchen-Serie berichte
ich von unseren Erfahrungen als Eltern von frühgeborenen Kindern. Mir ist
bewusst, dass man eine Geburt mit Vollendung der 32. SSW nicht mit jener von
extremen Frühchen vergleichen kann und ich weiß, dass der Weg für viele Eltern
ein steiniger ist. Ich möchte mit meinen Berichten nichts schönreden, trotzdem ist
es mir ein Anliegen von unseren Erlebnissen zu erzählen, um jenen Mut zu
machen, die vor einer ähnlichen Herausforderung stehen oder mitten drinnen
stecken.
Das erwartet euch in den nächsten Monaten:
Teil 1 – Eine Hand voll Leben
Eine
Hand voll Leben
Die Schwangerschaft mit meinen zweieiigen
Zwillingen verläuft weitgehend komplikationslos. Das erste Trimester ist
gekennzeichnet von Übelkeit, Hungerattaken und nicht enden wollender Müdigkeit.
Nackenfaltenmessung und Organscreening sind in Ordnung. Meine Söhne entwickeln
sich gut.
Einzig in der Fruchtblase von Sohn 01 gibt es
Auffälligkeiten. Die Fruchtwassermenge liegt unter der Norm. Da dieser Umstand
die Ärzte nicht besonders beunruhigt, sehe auch ich den weiteren Monaten
entspannt entgegen. Ich bin beschäftigt mit dem Einkauf der Babyausstattung,
dem Besuch des Geburtsvorbereitungskurses und Surfen auf der Couch.
Die Zeit dafür habe ich, denn meine
Frauenärztin schickt mich bereits in der 15. SSW in Frühkarenz. Sie sieht das
als notwendige Maßnahme einer Zwillingsschwangerschaft. Bei jedem Besuch
bereitet sie mich auf die Möglichkeit einer Frühgeburt und den damit
verbundenen Folgen vor, weil Komplikationen bei Zwillingsschwangerschaften immer
wieder der Fall sind. „Wir müssen die 32. Woche vollenden“, ist ihr
Standardsatz. Denn dann haben Kinder eine große Chance, sich ohne starke
Beeinträchtigung zu entwickeln.
Obwohl ich ein gutes Gefühl habe, dass ich
meine Kinder viel länger in meinem Bauch behalten werde, informiere ich mich über
das Thema Frühgeburt. Ich sehe Bilder von Frühchen-Stationen im Internet an,
lese über die Folgen von Frühgeburt und bin dankbar dafür, dass meine
Schwangerschaft so gut verläuft.
Bis zu jenem Mittwoch im November, als ich
frühmorgens feststelle, dass ich Fruchtwasser verliere. Ein wenig nur. Ich bin
ratlos. Eine geplatzte Fruchtblase fühlt sich anders an. Vermute ich. Wir sind
in SSW 32+3.
Ich bin alleine zuhause, mein Mann arbeitet
bereits im Büro. Ich rufe ihn an und suche Rat. Auch er ist unschlüssig und
empfiehlt, die Frauenärztin anzurufen. Nach kurzer Besprechung ist klar, ich
muss mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht werden.
Die Wartezeit verbringe ich liegend auf dem
Sofa. Meine liebe Nachbarin leistet mir Gesellschaft. Sie scheint aufgeregter
zu sein als ich. Ich spüre keine Wehen oder andere Schmerzen und mache mir kaum
Sorgen. Zwei Stunden nach dem Telefonat mit der Frauenärztin komme ich in der
Klinik an. Dort erfolgt die Erstuntersuchung umgehend. Die Fruchtblase von Sohn
01, in der schon viele Wochen zuvor kaum mehr Flüssigkeit vorhanden war, war
geplatzt.
Im Kreißsaal bekomme ich die erste Lungenreifespritze und Wehenhemmer
verabreicht, ein Blasenkatheter wird gelegt. In der Zwischenzeit kommt mein
Mann an. Erst durch die Gespräche mit den Ärzten wird uns beiden bewusst, dass
die Geburt unserer Kinder schon bald stattfinden wird.
Nach ausführlichen Aufklärungen werde ich in
ein Stationszimmer verlegt. Das Ziel ist, die Geburt wenigstens 48 Stunden
hinauszuzögern, weil sich dadurch die Chancen deutlich erhöhen, dass durch die
Verabreichung der Lungenreifespritzen die Lungen der Babys bei der Geburt
besser funktionieren.
Mein Mann und ich hatten während der
Schwangerschaft nicht damit gerechnet, dass es tatsächlich schon beinahe acht
Wochen vor errechnetem Entbindungstermin zu einer Frühgeburt kommen würde. Daran
ist aber nichts zu ändern und wir wissen beide, dass wir lediglich abwarten können.
Mein Mann bringt mir von zuhause die nötigsten persönlichen Sachen und fährt
noch einmal ins Büro, um wichtige Arbeiten zu erledigen. Über diese Stunden
helfen mir tröstende Telefongespräche mit meinen Freunden hinweg.
Ich muss im Bett liegen bleiben und werde immer
wieder an das CTG zur Überwachung der Herztöne meiner Jungs angeschlossen. Das verschafft
mir Sicherheit, da es keine weiteren Komplikationen gibt.
Die Nacht verläuft ruhig. Erst am nächsten
Morgen werde ich nach neuerlicher Kontrolle der Herztöne umgehend in den
Kreißsaal gebracht. Die Ärzte können nicht mehr mit Sicherheit sagen, dass es
den Kindern gut geht, Fruchtwasser wird keines nachgebildet. So wird
vereinbart, die Kinder per Sectio zu entbinden. Ich bitte die Schwester, meinen
Mann zu verständigen.
Kurz vor der Operation sprechen wir mit dem
Kinderarzt, der bei Frühgeburten eigens von der Kinderklinik kommt und während
der OP anwesend ist. Er klärt uns über das weitere Vorgehen nach der Geburt
auf.
Am Nachmittag ist es soweit. Ich bin
einerseits den Tränen nahe, andererseits aber sehr dankbar dafür, dass ich
meine Kinder in einem großen Krankenhaus mit angeschlossener Neonatologie und damit
mit medizinisch erstklassiger Versorgung auf die Welt bringen kann.
Da es sich um eine Zwillingsfrühgeburt handelt,
darf mein Mann im OP-Raum nicht dabei sein. Er muss draußen warten. Es ist uns
beiden auch recht so. Die Anästhesistin spürt meine Aufregung und hält die
ganze Zeit über meine Hand fest. Ein Händedruck, für den ich dieser unbekannten
Frau noch lange dankbar sein werde. Auch die Hebamme spricht mir Mut zu. Mindestens
zehn mir fremde Personen sind anwesend, als meine Kinder dreißig Stunden nach
Verabreichung der ersten Lungenreifespritze, etwas früher als erhofft, geboren werden.
Ich bin in SSW 32+4.
Um 14:44 Uhr macht mein Kleiner seinen ersten
Schrei, ich bin überrascht, dass ein so winziges Bündel Mensch eine derart gewaltige
Stimmkraft hat. Ich sehe meinen Sohn das erste Mal. Ein paar Sekunden, die ich
nie vergessen werde. Er bekommt ein Küsschen von mir und wird in den Nebenraum zur
Untersuchung gebracht. Mein Sohn wiegt 1580g.
Der Große wird als zweiter geboren. „Der will
nicht“, stellt der operierende Arzt fest. Beunruhigend für mich. Was in meiner
unteren Körperhälfte vor sich geht, kann ich nicht sehen. Die Atmung meines Sohnes
funktioniert offenbar nicht ausreichend, anstatt eines Schreies kommt ein verzögertes
klägliches Jammern. Und dann darf ich auch ihn das erste Mal sehen und kurz
berühren, ein unvergesslicher Augenblick. Im Nebenraum wird er erstversorgt. Ich
weiß, er ist in guten Händen. Mein Sohn wiegt 1860g.
Dass ich meine Kinder sehen und sogar berühren durfte, bevor sie aus dem OP-Raum gebracht wurden, erzeugt ein großes Gefühl von Dankbarkeit in mir.
Mein Bauch wird zugenäht während nebenan die ersten medizinischen Maßnahmen an meinen Kindern gesetzt werden. In Lebensminute 40 bzw. 42, so lese ich es später im Geburtsprotokoll nach, werden meine Kinder im Transportinkubator auf die Neo-Intensivstation der Kinderklinik gebracht. Nach Absetzen meiner Nachwehen folgt ihnen mein Mann, ich muss auf der Gebärstation liegen bleiben.
Mein Bauch wird zugenäht während nebenan die ersten medizinischen Maßnahmen an meinen Kindern gesetzt werden. In Lebensminute 40 bzw. 42, so lese ich es später im Geburtsprotokoll nach, werden meine Kinder im Transportinkubator auf die Neo-Intensivstation der Kinderklinik gebracht. Nach Absetzen meiner Nachwehen folgt ihnen mein Mann, ich muss auf der Gebärstation liegen bleiben.
In meinen Händen halte ich zwei Fotos von
meinen Kindern und wundere mich, dass ich trotz allem glücklich bin.
Die Tränen werden erst später kommen.
Links:
<3333 sehr ergreifend geschrieben, danke dass Du die Erfahrung mit uns teilst!
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